Heute vor (fast genau) 20 Jahren…

…fand die 52. Wahl des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika statt. Am 3. November 1992 wurde der Gouverneur von Arkansas, William Jefferson („Bill“) Clinton, zum 42. Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt. Und das, obwohl sein Wahlkampf kurz vor der ersten Vorwahl in New Hampshire in eine ernste Krise geraten war. Ursache hierfür waren Enthüllungen über ein angebliches Verhältnis zu einer Nachtklubsängerin sowie Vorwürfe, er habe als Student Drogen konsumiert. Clinton reagierte auf die Anschuldigungen in einem landesweit ausgestrahlten TV-Interview, in dem er, mit Gattin Hillary an seiner Seite, „Probleme in der Ehe“ zugab, die konkrete Affäre jedoch bestritt. Auch den Konsum von Marihuana räumte er ein, betonte jedoch, „nicht inhaliert“ zu haben.

Obwohl für die Presse damit bei Weitem nicht alle Fragen geklärt waren und er von Journalisten vielfach als „Slick Willie“ (aalglatter Willie) bezeichnet wurde, gelang es ihm, bei der Vorwahl in New Hampshire einen respektablen zweiten Platz zu belegen, wodurch seine Kandidatur gerettet war und er sich noch am Wahlabend zum „Comeback Kid“ erklären konnte. In der Folge entschied er alle wichtigen Vorwahlen für sich und sicherte sich so schon lange vor dem demokratischen Parteitag die Nominierung.

Als gerade zum Teenager gewordener hat mich dieses TV-Interview, das mehr oder weniger den Grundstein für Clintons späteren Wahlerfolg gelegt hat, nachhaltig beeindruckt. Er hatte es durch Kommunikation geschafft, Probleme zu lösen oder sie zumindest uninteressant zu machen. Kommunikation – damals nahm ich das Wort zum ersten Mal richtig war. Ich fing an, mich dafür zu interessieren. Ich begann, Kommunikation zu beobachten und zu hinterfragen. Mein Blick auf die Welt hatte sich damit verändert. Denn so wie Clinton mit seiner Kommunikation versucht hat, den Wahlkampf zu seinen Gunsten zu entscheiden, so gab es ja auch andere Akteure, die durch Kommunikation ihre Interessen durchsetzen wollten. Interessengeleitete Kommunikation? Heute wüsste ich, dass damals das Publicity-Modell von Grunig und Hunt wohl seine Anwendung gefunden hat: Propagandaartig Informationen verbreiten, ohne dass diese zu 100 Prozent stimmen müssen.

Seit dem Herbst 1992 habe ich also kritischer hingehört. Aussagen – vor allem von Politikern und Entscheidungsträgern – wurden nicht einfach mehr als „wahr“ akzeptiert. Und ich entdeckte ein Gebiet, dass mich bis heute fasziniert: Kommunikationsmanagement. Who says what in which channel to whom with what effect? Fünf Fragen in einer, die mich bis heute umtreibt und fasziniert.

So kam ich also zur Kommunikationsarbeit! Klingt doch toll, oder? Diese Geschichte würde sicherlich in jedem Vorstellungsgespräch super ankommen. Aber: Sie ist (leider) nicht wahr. Vor 20 Jahren war ich zwar damit beschäftigt, Kommunikation zu verstehen. Aber eben nicht die Wahlkampf-PR aus den USA. Vielmehr ging es mir darum, die Sprache meiner Klassenkameradinnen zu dekodieren. „Heißt ‚Nein‘ wirklich ‚Nein‘?“ „Und was bedeutet es, wenn sie mich angrinst?“ Schon damals stand also auch die Analyse non-verbaler Kommunikation auf meiner Agenda. Aber bis heute habe ich auf die genannten Fragen noch keine Antworten gefunden, da dieser „Kommunikationsbereich“ scheinbar keinerlei Logik zu unterliegen scheint. Zum Glück gibt es aber Felder, in denen systematische Öffentlichkeitsarbeit möglich ist. Eine Erkenntnis, die mich zwar erst vor etwa zehn Jahren ereilt hat, aber lieber spät als nie! Und da bin ich nun – mitten in der PR. Glücklich. Mit Job. Auch ohne die tolle (PR-)Geschichte.

Foto: Christof Paschedag / PIXELIO

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